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Mutterbande

Roman von Anna Rottensteiner

Mutterbande

Ada, Toni, Betti, Tricy – Innsbruck, Bozen, Ala, Tarrenz: Ein gesamtes Jahrhundert und seine Verwerfungen spiegeln sich in den Erzählungen von Frauen, deren Leben von den Entscheidungen Anderer geprägt wurden. Weggehen, weggegeben werden, nie richtig dazugehören; so unterschiedlich die Schicksale und die Welten sind, in denen sie leben, verbindet sie doch das eine: das Fremd-Sein und die durchaus zwiespältige Sehnsucht nach Rückkehr und Zugehörigkeit. Auch die Geschichte von Louise Straus-Ernst, der ersten Frau des surrealistischen Malers Max Ernst, die dieser in Tarrenz verließ, und von Maja, ihrer Bediensteten und Vertrauten, wird erzählt, dabei fügen sich Imagination, Fakten und Fiktion wie von Geisterhand ineinander.

In den 1980er Jahren setzt sich die Geschichte mit Bettis Tochter Tricy fort: Kann es ihr gelingen, die Fremdheit als Erbe der mitunter gespenstisch widerhallenden Stimmen ihrer Mutterbande anzuerkennen und sie gleichzeitig hinter sich zu lassen? Anna Rottensteiner gibt in ihrem dritten Roman jenen eine Stimme, die weder hier noch dort dazugehör(t)en, auf der Suche nach einer Sprache, die das Dazwischen-Sein als Utopie zu skizzieren vermag.


„Wie weit zurück, wie tief soll man in die Geschichte einer Stadt eindringen, um ein Wissen und, damit verbunden, ein Gefühl zu entwickeln, das über die persönlichen Erinnerungen hinausgeht? Um das auszuloten, treffen wir uns mit einem ehemaligen Studienkollegen von Tricy im Stadtarchiv unter den Lauben. Wir beschließen, zuvor noch auf einen Kaffee zu gehen. Es ist Unsinniger Donnerstag, coriandoli am Boden, Übermut in der Luft, vereinzelte verkleidete Erwachsene und Kinder in den Gassen. Gehen wir doch ins Café gegenüber, schlägt Tricy vor. Du meinst das Rubens?, fragt der Kollege. Jetzt, wo du den Namen sagst, fällt er auch mir wieder ein, ja. Das Rubens gibt es schon lange nicht mehr!, lacht Tricys Bekannter, gehen wir doch ins Exil. Rubens in Bozen. War einmal, wahrscheinlich lange her. Ab welchem Zeitpunkt, ab welcher Entfernung kommt die Aktualisierung der abgespeicherten, aus dem Alltag der Bewegung durch die Stadt erinnerten Orte zu einem Ende?, frage ich mich, sage es jedoch nicht, um nicht in Tricys Wunden zu wühlen.“

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