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31.05.2023
Interdisziplinär
Verleihung des 18. N.C. Kaser Lyrikpreises

Seit 1988, zehn Jahre nach dem Todestag des Südtiroler Dichters N.C. Kaser, gibt es den nach ihm benannten Lyrikpreis, den Literatur Lana alle zwei Jahre vergibt. Er geht an Dichterinnen und Dichter, die kein explizites Naheverhältnis zu N.C. Kaser haben, aber einer Literatur „an den Rändern“, einer „kleinen Literatur“ (Deleuze/Guattari) der einer poetischen und politischen Widerstandskraft folgen, wie sie der widerspenstige und eigenständige Kaser hatte.
Zu den bisherigen Preisträger:innen gehören etwa Valzhyna Mort (Belarus/USA), John Burnside (Schottland), Farhad Showghi (Iran/D), Oevind Rimbereid (Norwegen), Elke Erb (D), Gennadij Ajgi (Tschuwachien) und andere mehr.
Ursprünglich von Markus Vallazza und Paul Flora sowie dem Buchladen Lana von Paul Valtiner getragen, wird der Preis in der Höhe von 10.000 € heute nach wie vor von der Familie Flora unterstützt, der ein besonderer und freundschaftlich verbundener Dank gilt, weiters von der Marktgemeinde Lana und dem österreichischen Bundesministerium.
In seiner 18. Ausgabe geht er an den italienischsprachigen Dichter FABIO PUSTERLA (*1957) aus der Schweiz, dessen Werk im italienischen Einaudi-Verlag und auf Deutsch im Limmat Verlag erscheint.

Zum Preisträger schreibt Michael Krüger, der anlässlich der Preisvergabe die Laudatio hält:

„Die tintenblauen Zeitgenossen – wie Peter von Matt die Schriftsteller der vier Literaturen der Schweiz bezeichnet hat – haben eine Fülle von bedeutenden Dichtern in ihren Reihen. Bei den Dichtern der französischsprachigen Schweiz denkt man sofort an Philippe Jaccottet oder Gustave Roud, bei den deutschsprachigen an eine Kette von Alexander Xaver Gwerder bis zu Klaus Merz, bei den rätoromanischen fällt einem sofort Leta Samadeni ein – und bei den Dichtern, die Italienisch schreiben? Da gibt es seit zwanzig Jahren einen Dichter, der mit schöner künstlerischer Insistenz und Leidenschaft ein Werk geschaffen hat, das zu den besten unserer Zeit gehört: Fabio Pusterla. Die Vorstellung, dass der 1957 in Mendrisio geborene Dichter nun den Kaser-Preis in Lana erhält, hat mich von Anfang an fasziniert: Hier kann er mit seinen Kollegen die großen europäischen Fragen besprechen – über Minderheiten, Sprachenvielfalt, Dialekte, und er kann seine wunderbaren Gedichte vorstellen, in denen auf kürzestem Raum all diese Probleme zur Sprache kommen.“
Am 30. Mai 2023 wird der N.C. Kaserpreis verliehen. Mit einer Laudatio von Michael Krüger und einem Fest im Schallerhof feiert Literatur Lana den Dichter von „schöner, künstlerischer Insistenz“ im Grenzbereich der Sprachen.
Greta Maria Pichler sowie Jakob Kraner und Matthias Vieider bilden das Rahmenprogramm und präsentieren im Vorlauf junge Lyrik voller Reichtum an sprachlicher und experimenteller Phantasie.

Fabio Pusterla (*1957) gehört zu den bedeutenden Dichtern des italienischen Sprachraums. Geboren in Mendrisio, lebt er in Norditalien und in der Schweiz und arbeitet als Lehrer am Gymnasium. Pusterlas Aufmerksamkeit und Wahrnehmung hat einen weiten Radius. Widersprüchlichkeiten, Brüche und Unsicherheiten einer Gegenwart begegnet er in einer melancholischen Reflexion und Distanz und macht sich dabei zum beobachtenden Zeitgenossen, der dann und wann auch den Schmerz der Empörung reden lässt. Nicht weniger sprechen bei ihm Naturbilder und ein Wandern durch die Natur, darunter immer wieder ein sachkundiges Beschreiben von Vögeln, das sich an Montale anlehnt, wie sich im Werk Pusterlas auch andere literarische Referenzen auftun. „Seine eindrucksvollen Gedichte, die in die Unfassbarkeit der Existent münden, entstehen im Umfeld einer konkreten, fassbaren Umwelt,“ schreibt die NZZ.
Pusterla blickt auf ein umfangreiches Werk zurück, das neben Lyrikbänden, Essays und Erzählungen auch wichtige Übersetzungen aus dem Französischen und Portugiesischen enthält, darunter ein Großteil des Werks von Philippe Jaccottet.